Agile Projekte in der regulierten Industrie

Agilität sollte zunächst als Geisteshaltung verstanden werden, aus der konkrete Praktiken und Tools entstehen. Diese können die Veränderung hin zur verbesserten Zusammenarbeit im Rahmen optimierter Prozesse unterstützen. Dazu müssen sich Firmen von dem Gedanken lösen, alles bis ins Detail beherrschen und beliebig weit im Voraus planen zu können. Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für den agilen Ansatz. Wichtige Prinzipien dabei sind kurze Feedbackzyklen (Plan-Do-Check-Adjust), welche dem Vorgehen der adaptiven Prozessverbesserung folgen. Auch wenn es zyklische Ansätze und Prozessverbesserungen bereits in bekannten Vorgehensmodellen gibt, so ist doch ihre Anwendungsgeschwindigkeit in diesem Zusammenhang eine deutlich höhere. Ein gutes Beispiel dafür ist das Prinzip des ‚Lessons-Learned‘, welches typischerweise am Ende eines Projektes (nach durchschnittlich 18 bis 24 Monaten) durchgeführt wird und somit dem Projekt selbst keinen Vorteil mehr bringt. Dieselbe Idee wird im agilen Kontext regelmäßig und vor allem häufiger (im Schnitt mehr als einmal im Monat) umgesetzt und führt damit bereits während der eigenen Projektlaufzeit zu Verbesserungen. Agilität bedeutet aber auch, aus der Reaktion wieder ins Agieren zu kommen. In Teamarbeit mit kurzen Zyklen (Iterationen) und Feedbackschleifen entstehen einmal die Ergebnisse, und gleichsam ein optimierter Prozess (Inspect & Adapt).

Compliance stetig im Blick

Die Ergebnisse der Iterationen, also die Produkt-Inkremente, werden sorgfältig definiert, einschließlich der Kriterien für das Erkennen ihrer erfolgreichen Umsetzung. Zu diesen Kriterien gehört auch die Compliance zu regulatorischen Anforderungen. So können beispielsweise automatisierte Tests bei jedem neuen Inkrement nachweisen, dass die regulatorischen Anforderungen immer noch und durchgängig erfüllt sind. Ein Beispiel wäre die Umsetzung des Audit Trails und die Anforderungen an die Datenintegrität zur Sicherstellung der Patientensicherheit und Produktqualität durch automatisierte Tests.

Beispiel Systemanbindung

Einsatzbeispiele für agile Ansätze sind vergleichsweise einfach zu finden. Während die Digitalisierung in der Pharma-Forschung durchaus innovativ ist, zeigt sich der Bereich, der unter GxP-Regularien (Richtlinien für gute Arbeitspraxis) steht, eher zurückhaltend. Daten werden dort oftmals in voneinander getrennten Anwendungen gespeichert und für die Weiterverarbeitung oder Aufbewahrung ausgedruckt. Was zum Datenaustausch fehlt, sind Schnittstellen zwischen den einzelnen Anwendungen. Die Zusammenführung dieser Daten ist ein vielversprechendes Anwendungsgebiet für eine kontinuierliche Prozessverbesserung.

Effiziente Anpassungen

Auf der einen Seite müssen bestehende IT-Systeme durch inkrementelle Vorgehensweise häufiger verändert werden als bei einer Implementierung in einem großen Schritt. Auf der anderen Seite können kleine Anpassungen aber effizienter getestet werden. Um sicherzustellen, dass ein neues Inkrement nicht die Ergebnisse vorheriger Schritte beeinträchtigt, werden Unit- und Regression-Tests gleich mit der Entwicklung umgesetzt. Unit-Tests stellen die technischen Tests von Einzelkomponenten dar. Regression-Tests sind wiederholende Tests, die die weiter bestehende Funktionalität nachweisen sollen. Diese Tests sollten soweit wie möglich automatisiert durchgeführt werden, um den Wiederholungsaufwand zu reduzieren und ein jederzeit lauffähiges System zu garantieren. Dabei werden die Testfälle nicht von unbeteiligten Personen erstellt, sondern früh im Entwicklungsprozess von den Beteiligten selbst.

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