Die Zukunft bei Schaltanlagen geht nur digital

Bild: Sedotec GmbH &Co. KG

Herr Kirchhoff, als Experte und Mitglied im DKE-Normungsgremium Schaltanlagen sind Sie bei Trends und Entwicklungen sicher ganz nah dran. Was wird sich verändern? Auf was müssen sich Erbauer und Betreiber von Schaltanlagen künftig einstellen?

Volker Kirchhoff: Die Veränderungen, die auf uns zukommen, werden immer größer und kommen immer schneller. Die Normen spiegeln dies oft nur zeitverzögert wider. In ihnen werden vor allem sicherheits- und systemrelevante Aspekte aufgegriffen und verbindlich festgelegt, auf deren Basis innovative Produkte entwickelt werden können. Im Oktober wird die dritte Ausgabe der Norm 61439-1 und 2 veröffentlicht. Sie wird dann DIN EN IEC 61439-1:2021-10 bzw. …61439-2… heißen. Das IEC dokumentiert den internationalen Ursprung und wird neuerdings auch so dokumentiert. Viel gravierender ist jedoch, was sich bezüglich der Steuerung und Verteilung von Strom technisch und im Markt ständig weiterentwickelt: Komponenten und Geräte werden immer kleiner. Erneuerbare Energien, Energiespeicher und Ladeinfrastruktur sind hinzugekommen. Dies führt zu einer schwankenden Energieverfügbarkeit gepaart mit einem erhöhten Energiebedarf, wenn z.B. jeder gleichzeitig auf dem Firmenparkplatz sein Auto lädt. Dies muss beherrscht, gesteuert und geregelt werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Denken Sie nur an die vielen Prozesse in Betrieben und unzähligen Rechenzentren, die eine stabile Stromversorgung benötigen. Also, außer den Gesetzen der Physik ändert sich sehr viel.

Bild: Sedotec GmbH &Co. KG

Ist denn die Digitalisierung tatsächlich der große Heilsbringer, als der sie fast schon vergöttert wird?

Kirchhoff: Die Digitalisierung krempelt vieles um. Um intelligente Stromnetze, sogenannte Smart Grids einzurichten und zu beherrschen, ist die Digitalisierung unerlässlich. Und natürlich auch in der Stromverteilung, wo zusätzlich immer mehr Daten ermittelt und den Betreibern und Servicetechnikern zur Verfügung gestellt werden, ist es nicht nur ‚cool‘, sondern künftig unerlässlich, wenn auf Tastendruck maximale Informationen abrufbar sind oder Funktionen weitgehend automatisiert ablaufen. Bereits bei der Planung wird vom Gebäude über die elektrische Infrastruktur und die Schaltanlagen alles gesamtheitlich digital geplant. Und dieser digitale Zwilling wird später auch für Betrieb und Wartung hinzugezogen. Hierfür wird es künftig ebenso Standards und Normen geben müssen. Aber auch die Energietechnik wird immer wichtiger und anspruchsvoller. Hier sind ebenso ständige Innovationen gefordert. Denn hier muss die Physik beherrscht werden. Als Hersteller von Niederspannungs-Schaltanlagen leben wir das bei Sedotec seit Jahren konsequent. Denn wir wollen nicht von Normen, die sowieso zwangsläufig kommen, zu Innovationen getrieben und gezwungen werden, sondern wir wollen vorausgehen, was uns bei unserem neuesten Produkt Vamocon 1250 eindrucksvoll gelungen ist.

Bild: Sedotec GmbH &Co. KG

Inwiefern?

Kirchhoff: Nun, wir haben dabei konsequent auf Klimaschutz, Energieeinsparung, Nachhaltigkeit und CO2-Reduzierung gesetzt. Vamocon 1250 produziert beispielsweise deutlich weniger Verlustenergie, benötigt erheblich weniger Kunststoff und muss nicht geschweißt werden. Denn sehen Sie – und da spreche ich jetzt nicht als Mitglied des Normengremiums – vermutlich wird in nicht allzu ferner Zukunft die Angabe der Verlustleistung üblich sein, möglicherweise irgendwann sogar eine Art Energielabel für Schaltanlagen kommen, das einen CO2-äquivalenten Footprint ausweisen wird. Dem können wir ganz beruhigt entgegensehen. Dennoch sehen wir bei aller Innovationskraft auch Grenzen des technisch Machbaren, die ein Umdenken erfordern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert