Fahrerlos im Outdoorbereich

Getestet wurde mit einem Crashtest-Dummy, der plötzlich hinter einer Wand hervorkommt und in den Fahrweg läuft.
Getestet wurde mit einem Crashtest-Dummy, der plötzlich hinter einer Wand hervorkommt und in den Fahrweg läuft.
Getestet wurde mit einem Crashtest-Dummy, der plötzlich hinter einer Wand hervorkommt und in den Fahrweg läuft.
Getestet wurde mit einem Crashtest-Dummy, der plötzlich hinter einer Wand hervorkommt und in den Fahrweg läuft.Bild: Linde Material Handling GmbH

Stefan Prokosch, Initiator des Projektes Kanis vonseiten Lindes ist überzeugt: „Autonome Fahrzeuge werden nach und nach immer mehr Transportaufgaben übernehmen“. Das Intralogistikunternehmen will die Vorteile autonomer Fahrzeuge in Zukunft auch denjenigen Kunden zugänglich machen, die Gegengewichtsstapler zum Warentransport oder zum Be- und Entladen von Lkw im Einsatz haben. „Die Anforderungen an Stapler im Außenbereich sind jedoch weitaus höher, als das bei reinen Indoor-Geräten der Fall ist. Dazu gehören Gefälle und Steigungen, ein deutlich höheres Personen- und Verkehrsaufkommen, aber auch Wettereinflüsse und Temperaturgegebenheiten“, erläutert Prokosch. „Durch die gemeinsame Forschungsarbeit mit der TH Aschaffenburg konnten wir tragfähige Lösungen für diese komplexen Anforderungen erarbeiten. Die Erkenntnisse bilden nach dem Abschluss des Projekts eine wesentliche Grundlage für weitere Entwicklungsprojekte.“

Übergeordnetes Projektziel war es, herauszufinden, wie sich betriebliche Zuverlässigkeit und Umschlagsleistung durch ein kooperatives Verhalten vernetzter, autonomer Fahrzeuge verbessern lassen. Zur Lösung dieser umfassenden Aufgabenstellung wurden mehrere Teilprojekte gebildet, die sich mit der Lokalisierung sowie Steuerung und Regelung der Fahrzeuge, der Kooperation der Stapler untereinander, dem Erkennen der Ladungsträger, dem Umgang mit Witterungseinflüssen, der vorausschauenden Wartung, der Routenanpassung sowie dem automatischen Lade-Management beschäftigten.

Die Anforderungen an Stapler im Außenbereich sind weitaus höher, als das bei reinen Indoor-Geräten der Fall ist.
Die Anforderungen an Stapler im Außenbereich sind weitaus höher, als das bei reinen Indoor-Geräten der Fall ist.Bild: Linde Material Handling GmbH

Betriebsnahe Testszenarien unter Realbedingungen

Automatisiert wurden vier Elektro-Gegengewichtsstapler der Serien E20, E25 und E30 von Linde mit 2 bis 3t Tragfähigkeit, ausgestattet mit elektrohydraulischer Lenkung (Linde Steer Control), dem Assistenzsystem Linde Safety Pilot mit elektronischem Lastdiagramm sowie einem integrierten Zinkenverstellgerät. Ab dem kommenden Jahr sollen die Fahrzeuge weiterentwickelt und getestet werden, um zukünftig vier konkrete Materialflussaufgaben im Werk zu übernehmen: den Transport von Gitterboxen sowie den Transport von Paletten mit Batterien, außerdem die Transporte von Fahrzeugrahmen und Fahrerschutzdächern, die auf speziellen Ladungsträgern von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden. Die beiden ersten Anwendungsfälle sind reine Outdoor-Einsätze, bei den beiden anderen fahren die Stapler sowohl in als auch zwischen den Hallen. Zu überwinden sind Steigungen von 8 Prozent, außerdem fahren in den Hallen weitere FTS und manuell bediente Fahrzeuge. Damit die vier Kanis-Stapler Paletten, Gitterboxen und Metallgestelle mit ihren Gabelzinken auch dann aufnehmen können, wenn diese nicht exakt am Boden ausgerichtet sind, verfügen die Fahrzeuge über eine verfahrbare Kamera, die zwischen den Gabelzinken montiert ist. Sie vermisst die Taschen des Lastträgers, damit die Zinken korrekt über den Seitenschieber positioniert werden können. Konstruktiv angepasst wurden außerdem der Fahrzeugrahmen, die Batterietür und das Gegengewicht. In den Hallen lokalisieren sich die Fahrzeuge über Laserscanner, im Außenbereich über Differential-GPS, ein Verfahren zur Genauigkeitssteigerung bei GPS, sowie zusätzliche lokale Sensoren beim Übergang vom Innen- zum Außenbereich. Anders als die manuellen Stapler fahren die automatisierten Fahrzeuge auf den fest definierten Strecken immer rückwärts, damit die Last im Fall einer Notbremsung nicht von den Zinken rutschen kann.

Indoor-Anwendungen im Projekt KAnIS sind Transporte von Fahrzeugrahmen und Fahrerschutzdächern, die von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden.
Indoor-Anwendungen im Projekt KAnIS sind Transporte von Fahrzeugrahmen und Fahrerschutzdächern, die von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden.Bild: Linde Material Handling GmbH

Echtzeitkommunikation und Infrastruktur

Ein besonderer Fokus des Forschungsprojekts lag auf der Umgebungswahrnehmung der automatisierten Stapler, um deren zuverlässiges Agieren mit anderen Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten. Dazu verfügen die Fahrzeuge zusätzlich zu den Sensoren der Personenschutzeinrichtung über weitere 3D-Scanner und HD-Kameras. Die Kameradaten bilden die Basis, um Objekte mithilfe von KI-Algorithmen zu erkennen und zu klassifizieren sowie anschließend zu lokalisieren, um die Fahrgeschwindigkeit des Staplers anpassen und ihn bis zum Stillstand abbremsen zu können.

Eine weitergehende Fragestellung befasste sich mit kritischen Situationen, die entstehen, wenn sich Verkehrsteilnehmer in verdeckten Bereichen aufhalten, die von den Sensoren des Staplers nicht einzusehen sind und sich auf den Fahrweg des Staplers zubewegen. Hier kommt die Kooperation der Stapler ins Spiel, denn wenn ein anderer Stapler in der Nähe ist, könnte er entsprechende Informationen liefern. Voraussetzung ist aber eine echtzeitfähige Übermittlung der Perzeptionsdaten. Um diese geringen Latenzen zu erreichen, wurde im Aschaffenburger Werk ein privates 5G-Netzwerk aufgebaut. Die Perzeptionsdaten werden von den Staplern an einen Edge-Server übertragen, der aus den lokal erkannten Objekten eine globale Liste aller erkannten Objekte erstellt und diese zurück an die Stapler sendet.

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